Nein, ich mach hier keinen Post über das Lied von Curzon Dax. Ich möchte über Vermögensverwaltung und die dazugehörigen Denkfehler reden. Im Nachfolgenden einige Denkanstöße.
Der heilige Durchschnittswert
Angenommen, wir haben eine Flotte mit exakt 99 Piloten, während der nächsten Bio Brake joint der schwerste EVE Spieler Deutschlands die Flotte. Wie stark verändert sich das Durchschnittsgewicht der Flotte? Dürften wohl nur 2-3% sein?
Angenommen, statt des schwersten deutschen EVE Spielers, joint ein Supertrader. Wie stark verändert sich das Durchschnittsvermögen der Flotte? Ebenfalls um 2-3 %? Nicht ganz, aber gehen wir das mal Stück für Stück durch. CCP Quant hat das Durchschnittsvermögen der EVE Spieler auf einem Fanfest mit 3 Milliarden ISK angegeben (das ISK / Asset Verhältnis liegt übrigens bei 3,1415 😉 ) Unser Supertrader liegt bei 30 Billiarden (ich hab wen im Kopf, doch der Gute möchte leider, aber verständlicherweise, nicht genannt werden) dadurch steigt das neue Durchschnittsvermögen der Flotte auf 300.002.970.000.000 ISK. Ein einziger Ausreißer und der Begriff „Durchschnitt“ ergibt keinen Sinn mehr.
Warum dieses Beispiel? Viele Spieler wollen ihre Waren auf Basis des Durchschnittspreis verkaufen und nehmen als Referenz „Jita Buy“ das funktioniert bei vielen Dingen, wie Mineralien, da hier ausreichend Umsatz vorhanden ist, um einen sinnvollen Durchschnitt zu ermitteln. Doch schon bei Erzen, ist das mangels Umsatz, nicht mehr möglich. Hier kann man den Wert nur anhand des Mineraliengehalts rückrechnen und so einen für beide Seiten akzeptablen Preis finden. Doch seltene und somit teure Items wie AT Schiffe, haben weder Markt Preis noch Referenzwerte. Weil die wenigen Item nur alle 6-12 Monate in einem Privatvertrag „unter der Hand“ gehandelt werden und nie im Markt auftauen.
Daher vor dem (Ver)Kauf überlegen, ob es einen Durchschnittspreis geben kann und ob dieser Sinn macht.
Effort Justification
oder Aufwandsbegründung ist ein Spezialfall der kognitiven Dissonanz. Jeder Newbro Indu/Miner kennt das; Stunde um Stunde in der Venture im Belt gestanden und Erze abgebaut. Diese zig Jumps und mangels Frachter häppchenweise auf eine geriggte Struktur geflogen, um den Refiningertrag zu erhöhen. Einen Teil der Mineralien verkauft und dafür andere Mineralien gekauft, dann das erste richtige Schiff, eine Procurer, gebaut. Und beim Verkaufen die Ernüchterung, die soll nur so wenig wert sein? Für all diesen Aufwand? Das muss doch mindestens das Doppelte bringen! Das Schiff behalt ich, und warte bis ich es fliegen kann!!!111
Diese Enttäuschung ist verständlich, der Wert des Ergebnis steht in keinem Verhältnis zum (Zeit-)Aufwand.
Auch später noch wird auf selbst gebaute Schiffe mehr aufgepasst, als auf im Markt gekaufte, weil man, und sei es nur unterbewusst, den Herstellungsaufwand im Hinterkopf hat.
Wer die Aufwandbegründung kennt, sollte sich zu mehr Objektivität bei seinen Aktion zwingen und diese NUR am Ergebnis messen. Lohnt sich der Aufwand (als Neuling) ein Schiff zu bauen? Sicher es ist interessant die Spielemechanik zu erleben, aber monetär wäre es sinnvoller, nur im Belt zu stehen und die Erze direkt zu verkaufen.
Die Aufwandbegründung wird übrigens auch verwand um Neulinge an Gruppen (Jugendbande, Studentenverbindung, militärische Eliteeinheit…) zu binden, eine schmerzhafte, eklige und/oder entwürdigende Aufnahmeprüfung erhöht den Wert der Mitgliedschaft, denn diese wurde ja hart erkämpft.
Schwarzer Schwan
Bis ins Jahr 1697 als Willem de Vlamingh auf einer Expedition in Australien einen schwarzen Schwan entdeckte, war sich die Welt (Europa) sicher, das alle Schwäne weiß sind. Seither gilt der schwarze Schwan als Zeichen für das Unwahrscheinliche.
Bis zum 24.04.2020 war es absolute Gewissheit, dass alle Items auf Strukturen in die Asset Savety wandern, sobald die Struktur zerstört wird. An diesem Tag kam die Patch Ankündigung für den 26.05.2020, mit der Einführung des „Aufgegeben“ Status für Strukturen, welcher alle Items aus der Struktur lootbar droppt.
Am 12. Februar 2002 sagte der damalige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld in eine Pressekonferenz:
there are known knowns; there are things we know we know. We also know there are known unknowns; that is to say we know there are some things we do not know. But there are also unknown unknowns – the ones we don’t know we don’t know.
Etwa: „Es gibt bekanntes Bekanntes; Dinge von denen wir wissen, dass wir sie wissen. Wir wissen auch, dass es bekannte Unbekannte gibt: Dinge von denen wir wissen, dass wir nicht wissen. Aber es gibt auch unbekannte Unbekannte – Dinge also, von denen wir nicht wissen, dass wir sie nicht wissen.“
In EVE ist es immer wichtig mit allem zu rechnen, wer sein Vermögen breit streut, wird hin und wieder etwas verlieren, aber er wird nie alles auf einmal verlieren.
House Money Effect
Jeder kenn die Online Kasino Werbung mit „100 Euro geschenkt, wenn sie sich jetzt anmelden“ oder „XY gratis Guthaben/Freiminuten/SMS/GB“ bei Handyverträgen. Dies bekommt man nicht geschenkt, weil die jeweiligen Firmen ein so großes Herz haben. Es soll einen verleiten am Anfang unnötig viel zu konsumieren/zu setzen, um dieses Verhalten nach Ende des Gratiskontingents beizubehalten und den jeweiligen Unternehmen höhere Umsätze zu bescheren.
In EVE tritt etwas ähnliches auf, die 1 Mrd ISK für eine unverhofften Loot Drop in eine Scanside, ist mental weniger wert, als die 1 Mrd ISK für die man 10 Stunden im Belt gestanden hat (Effort Justification). Denn ISK ist nicht nackt, je nach Herkunft gibt man die gleiche Summe leichter aus oder nicht.
Doch ein ISK ist ein ISK, die Herkunft darf keine Rolle spielen.
„i dwell in possibility“
lautet ein Gedicht von Emily Dickinson aus dem 19. Jahrhundert. Möglichkeiten oder Optionen, sind angenehm zu haben, denn sie geben einem das Gefühl von (Wahl-)Freiheit. Jeder Spieler kennt sicher das gute Gefühl, wenn man gleich von mehreren Gruppen/SIGs/Corps eingeladen wird, ihnen beizutreten. Leider schließt der Beitritt der einen Gruppe, häufig den Beitritt bei allen anderen aus. Jede dieser Option offen zu halten kostet Denk- und Lebenszeit, mit dem Risiko das am Ende keine der Gruppen noch Bock hat eine Entscheidung abzuwarten.
Gleiches gilt für den EVE-Job, Miner oder PVE, Explorer oder PVP?
Im 3. Jahrhundert vor Christus überquerte der chinesische General Xiang Yu den Jangtse um die Qin Dynastie anzugreifen. In der ersten Nacht am anderen Ufer verbrannte er alle eigenen Schiffe. Am nächsten Morgen sagte er zu seinen Truppen: Ihr habt jetzt genau zwei Möglichkeiten, Kampf bis zum Sieg oder Tod.
Im 16. Jahrhundert nach Christus verwendetet der Konquistador Cortes die gleiche Taktik nach seiner Landung in Mexiko. Durch dieses Handel haben beide Ihren Truppen die Möglichkeit zum Rückzug genommen und sie gezwungen sich auf das einzig Wichtige zu konzentrieren, den Sieg. Denn der Tot galt damals schon als nicht wünschenswerte Option. 😉
Je früher man lern seine Schiffe zu verbrennen und die Anzahl der Optionen (in EVE) möglichst klein zu halte, um so einfacher ist es, sich auf ein Ziel zu fokussieren und dieses zu erreichen. Danach hat man dann wieder Zeit für neue/andere Optionen z.b. das nächste zu skillende Schiff.
Alternativen Blindheit
Angenommen euer CEO schlägt vor eine Astrahus aufzustellen, damit die Corp endlich eine eigene Struktur hat. Typisch deutsche Corp entbrennt ein für und wieder Astrahus, die Miner haben Angst vor der Kriegsfähigkeit, die PVEler sehen eine eigene kostenlose Clone Bay, über Tage geh es hin und her ohne das sich eine klare Mehrheit für oder gegen die Idee bildet.
Die Astrahus ist allerdings nicht die einzige Option, man könnte die Clone Bay auch auf einer Athanor installieren. Dort verbraucht sie zwar mehr Treibstoff, allerdings bietet die Athanor die Möglichkeit T2 geriggt zu refinern und Moon Mining zu betreiben. Oder das ISK für eine Corporca ausgeben. Oder ein System im 0.0 mieten oder oder oder.
Wen es nur zwei Möglichkeiten, für oder gegen etwas, gibt, ist es verdammt schwer eine Lösung zu finden, hier hilft es mögliche Alternativen zu suchen, welche zu einem besseren Ergebnis oder überhaupt zu einem Ergebnis führen.
Ambiguitätsintoleranz
Ich biete dir 1 Mrd ISK wenn du aus einem von zwei Krügen eine rote Kugel ziehst. Du kannst zwischen 2 Krügen wählen:
- Krug A, enthält 50 rote und 50 grün Kugeln.
- Krug B, enthält 100 rote und grüne Kugeln mit unbekanntem Mischungsverhältniss.
Wenn du wie die meisten Menschen tickst, hast du dich für Krug A entschieden.
Spielen wir nochmal, diesmal 1 Mrd ISK für eine grüne Kugel, welche Krug nimmst du A oder B?
Wahrscheinlich nimmst du wieder A, doch das ist unlogisch, denn aufgrund der ersten Wahl müssen in B mehr grüne als rote Kugeln sein. Sonst hättest du im ersten Spiel ja diesen genommen. 😉
Dies Ambiguitätsintoleranz, ist der empirische Befund das Menschen bekannte Wahrscheinlichkeiten lieber sind, als Unbekannte. Bekannte Wahrscheinlichkeiten sind ein Risiko, man kann mit ihnen Rechnen, und sie statistisch aufarbeiten. Ambiguität (Unbestimmtheit) hingegen nicht, da es kein Werte gibt mit denen man rechnen kann.
Es gibt ca. 8 Mrd Menschen auf der Erde, alle sind ziemlich gleich, haben 2 Arme, 2 Beine und einen Kopf. Aliens würden uns als ziemlich homogen Art betrachten. Was viele ähnliche Krankheiten und Krankheitsverläufe erklärt. Darum kann ein Arzt sagen: wenn ich diese OP durchführe ist das Risiko auf Komplikation X bei Y %.
Wenn hingegen ein „Experte“ Dinge äußert wie: „Das Risiko auf einen Kollaps der Weltwirtschaft aufgrund der aktuellen Bankenkriese liegt bei 20%“ ist das totaler Schwachsinn. Warum? In der Ökonomie sind wir im Reich der Ambiguität, es gibt nicht 500 planetare Wirtschaften von denen wir Wahrscheinlichkeiten ableiten könnten. Gleichzeitig gab es bisher nur eine begrenze Anzahl Bankenzusammenbrüche. Und inweit diese mit den Vorherigen vergleichbar ist, wissen wir erst, wenn sie überwunden wurde. Die ganze Situation ist also mit vielen Unbekannten versehen. Es ist daher schlicht nicht möglich hier eine Wahrscheinlichkeit zu berechnen.
Bei jeder (wichtigen) Entscheidung sollte man sich klar sein, ob hier ein Risiko oder eine Ambiguität besteht, und es entsprechend in der Planung berücksichtigen.
fallacy of the single cause
Was war der Grund für
- den ersten Weltkrieg?
- die Anschläge am 11 September 2001?
- den Einmarsch der USA 2003 in den Irak?
- den Börsenkollaps 2008?
- den Untergang von BoB im Jahr 2009?
- die Griechenlandpleite 2010?
- den World War Bee 2016?
- den World War Bee² 2020?
Gibt es überhaupt jeweils nur einen Grund? Oder sind wir hier in eine Falle getappt und es waren doch eine Reihe von Gründen und Umständen welche die jeweiligen Ereignisse verursacht haben. Und wie kann man sie in Zukunft vermeiden?
- Analyse alle Ursachen und Fehlerquellen des jeweiligen Ereignisses.
- Auf welche haben wir einen Einfluss?
- Welchen Aufwands bedarf es, dies Einfluss auszuüben?
- Steht der Aufwand in einem sinnvollen Verhältnis zum vermiedenen Ergebnis.
Alternativ kann man sich auch einen „Verantwortlichen“ suchen, diese steinzeitliche jagt auf Sündenböcke eignet sich hervorragend zur Ausübung von Macht – löst nur keine Probleme.